Was ist der Graumarkt und wie funktioniert er?

20% bis 30% unter Listenpreis – viele Luxusuhren bekommt man auf dem Graumarkt deutlich günstiger. Selbst die berühmte Omega Speedmaster Professional Moonwatch (Ref. 310.30.42.50.01.001) kostet auf dem Graumarkt rund 28% weniger als beim Hersteller. Doch seltene und gesuchte Modelle können auch mehr als das Dreifache des offiziellen Verkaufspreises kosten. Warum das so ist, was der Graumarkt eigentlich ist und welche Uhren besonders beliebt sind, erklären wir in diesem Artikel.

Was ist der Graumarkt?
In Bezug auf Luxusuhren bezeichnet der Begriff „Graumarkt“ den Handel mit Originaluhren außerhalb der offiziellen Vertriebskanäle des Herstellers, wie etwa autorisierten Händlern. Auf dem Graumarkt gehandelte Uhren umgehen also die offiziellen Vertriebskanäle über „Grauhändler“. Klingt unseriös? Ist es nicht, denn Handelsplattformen, auch Zweitmärkte genannt, bieten oft günstigere Preise und schnellere Verfügbarkeit ohne Wartelisten. Gerade im Luxussegment wollen Uhrenmarken jedoch möglichst viel Einfluss auf den Vertrieb ihrer Produkte nehmen. In der Praxis bedeutet dies, dass Hersteller traditionell ihre autorisierten Händler beliefern und dabei oft bestimmen, welche Modelle in welcher Menge zugeteilt werden. Nur diese autorisierten Händler dürfen die Uhren offiziell in ihren Ladengeschäften oder Online-Shops verkaufen.

Händler und Juweliere müssen in der Regel große Mengen an Uhren von den Herstellern kaufen und sind verpflichtet, auch weniger beliebte Uhrenmodelle in ihr Sortiment aufzunehmen. Dies bedeutet oft, dass autorisierte Händler auf ihren Lagerbeständen sitzen bleiben.

Wie funktionieren Graumarktgeschäfte?
Um die überzähligen Uhren verkaufen zu können, umgehen Händler die autorisierten Vertriebskanäle und verkaufen die Ware an andere Händler, die nicht offiziell autorisiert sind. Diese bieten die neuen Uhren dann auf ihren eigenen Vertriebskanälen mit deutlichen Rabatten an – zum Beispiel in ihren eigenen Geschäften oder auf Online-Plattformen wie Chrono24 – und erschließen so den Graumarkt. Graumarkthändler beziehen Uhren häufig aus dem Ausland. Dies bietet mehrere Vorteile. So sind bestimmte Modelle an bestimmten Standorten weniger beliebt und in einigen Ländern gilt eine niedrigere Mehrwertsteuer, sodass es sich lohnt, eine Uhr im Ausland zu kaufen und sie zu importieren. Auch der Handel mit gebrauchten Uhren findet auf dem Graumarkt statt und ist kaum oder gar nicht reguliert. Seit einigen Jahren kaufen Marken wie replica Rolex oder Audemars Piguet gebrauchte Uhren, um diese zu warten und als „Certified Pre-Owned“-Uhren mit Herstellergarantie an Kunden zu verkaufen. Dieses Geschäftsmodell ähnelt dem Gebrauchtwagenmarkt, wo große Autohäuser ihre Gebrauchtfahrzeuge ebenfalls kaufen, aufarbeiten und schließlich weiterverkaufen. Wichtig zu wissen: Im Gegensatz zum Schwarzmarkthandel wird jede Uhr auf dem Graumarkt legal gehandelt. Die Uhren sind echt und werden oft mit Originalpapieren und -boxen geliefert. Bei gebrauchten Uhren kann es allerdings sein, dass einzelne Teile, Papiere oder Boxen über die Jahre ausgetauscht wurden oder nicht mehr erhältlich sind. Deshalb ist es gerade im Vintage-Segment wichtig, vor dem Kauf gründlich zu recherchieren und bei Unklarheiten den Händler zu kontaktieren. Uhren, die auf dem Schwarzmarkt verkauft werden, sind hingegen illegal und in der Regel gefälscht oder sogar gestohlen. Davon sollten Sie natürlich die Finger lassen.

Szenario 1: Günstiger als beim Juwelier
Viele Uhren sind auf dem Graumarkt deutlich günstiger als beim autorisierten Händler. Je nach Modell und Referenz lassen sich hier Rabatte von 20-30% finden. Der 2024 vorgestellte Carrera Chronograph von TAG Heuer (Ref. CBS2216.BA0041) kostet offiziell 6.870 $. Der Graumarktpreis für diese Referenz beträgt rund 5.450 $ und liegt damit mehr als 20% unter dem Listenpreis. Eine TAG Heuer Autavia mit dem Manufakturkaliber Heuer 02 (Ref. CBE511A.FC8279) ist auf dem Graumarkt für gut 5.450 $ erhältlich. Gegenüber dem offiziellen Verkaufspreis von 7.180 $ spart man also rund 1.730 $.

Auch nicht limitierte Standardmodelle von Omega sind oft günstiger. Die Seamaster 300M Diving Ref. 210.30.42.20.01.001 können Sie auf dem Graumarkt für knapp über 5.000 Dollar kaufen. Beim autorisierten Händler müssen Sie allerdings mit dem Listenpreis von 6.800 Dollar rechnen – ein satter Aufschlag von 35 Prozent. Interessieren Sie sich für eine Breitling AVI Ref. 765 1953 Re-Edition (Ref. AB0920131B1X1), müssen Sie bei offiziellen Händlern 8.700 Dollar auf den Ladentisch legen. Auf Chrono24 kostet dieses Modell ungetragen rund 6.600 Dollar, eine Ersparnis von rund 25 Prozent.

Szenario 2: Teurer als beim Juwelier
Sportmodelle von Rolex sind seit Jahren so begehrt, dass ihre Graumarktpreise teilweise deutlich über den offiziellen Listenpreisen liegen. Besonders beliebt bei Uhrenliebhabern sind die Edelstahlvarianten der Daytona, GMT-Master II und Submariner. Wer eine bestimmte Rolex kaufen möchte, bekommt entweder ein weniger gefragtes Modell angeboten oder muss mit langen Wartezeiten rechnen. Wer nicht warten kann oder will, muss einen ordentlichen Aufpreis zahlen. Die aktuelle Edelstahl-Daytona mit Keramiklünette (Ref. 126500LN) kostet offiziell 16.300 Dollar (Stand: Dezember 2024). Auf dem Graumarkt ist das Modell mehr als doppelt so teuer und wechselt für rund 33.000 Dollar den Besitzer. Das weißgoldene Pendant der Uhr mit der Referenznummer 126509 ist mit rund 49.800 Dollar „nur“ 2.900 Dollar teurer.

Die ikonische Taucheruhr Submariner kostete in der No-Date-Version (Ref. 124060) Ende 2024 offiziell 9.800 Dollar. Mit rund 12.600 Dollar liegt der Graumarktpreis für ein Exemplar in neuwertigem Zustand rund 28 Prozent über dem Listenpreis. Bemerkenswert ist auch die Preisentwicklung der im Volksmund „Batman“ genannten GMT-Master II mit blau-schwarzer Lünette. Die 2019 erschienene Variante mit Oyster-Armband kostet bei einem autorisierten Händler 11.500 Dollar. Graumarkthändler verkaufen diese Ref. 126710BLNR zu einem durchschnittlichen Preis von 17.500 Dollar – ein Aufschlag von über 52 Prozent. Noch extremer ist die Preisentwicklung der Edelstahl-Patek Philippe Nautilus. Der Listenpreis für die Dreizeiger-Ref. 5711/1A-010 lag kurz vor Produktionsende bei 29.000 Dollar. Auf dem Graumarkt findet man mittlerweile oft Angebote zwischen 118.500 und 147.000 Dollar, eine Entwicklung, die rational nicht zu erklären ist.

Wie stehen Hersteller zum Graumarkt?
In der Luxusbranche wollen Hersteller und Markeninhaber gerne die Kontrolle behalten. Preisschwankungen nach oben oder unten widersprechen diesem Kontrollbedürfnis, weshalb ihnen der Graumarkt in der Regel ein Dorn im Auge ist. Es ist jedoch ein selbstverschuldetes Phänomen, das aufgrund der großen Anzahl verfügbarer Uhren entsteht. Einige Hersteller wie Rolex, Patek Philippe und Audemars Piguet haben in der Vergangenheit Strategien entwickelt, um den Graumarkt zu bekämpfen und auszutrocknen. Die familiengeführte Marke Audemars Piguet – unter anderem bekannt für die legendäre Royal Oak – hat in den letzten Jahren eigene Boutiquen eröffnet, um sich von den traditionellen Vertriebskanälen zu lösen. Rolex hat 2023 seinen eigenen autorisierten Händler Bucherer aufgekauft. Wenn Sie eine Rolex von Bucherer kaufen und bereits ein Modell des Herstellers besitzen, bietet dieser Ihnen an, Ihr Modell in Zahlung zu nehmen. Nach einer hauseigenen Überholung geht Ihre alte Rolex als „Certified Pre-Owned“-Uhr an Bucherer zurück. So landen weniger ungetragene Uhren auf dem Graumarkt. Zudem sollen manche Firmen schwarze Listen mit Kunden führen, die ihre neu erworbenen, seltenen Luxusuhren sofort wieder verkaufen. Wer es einmal auf eine solche schwarze Liste geschafft hat, rutscht auf den Wartelisten weit nach unten. Manche autorisierten Händler warten sogar ein paar Monate mit der Ausstellung der Garantiekarte der Uhr, was ebenfalls einen schnellen Weiterverkauf verhindern soll.

Kann ich eine Uhr auf dem Graumarkt kaufen?
Die gute Nachricht ist: Ja, Sie können bedenkenlos zugreifen. Auf dem Graumarkt gehandelte Uhren sind original und legal. Bei Vintage- und Secondhand-Uhren sollten Sie sich vor dem Kauf jedoch umfassend über das angebotene Objekt informieren. Sind Gehäuse, Kaliber, Armband, Zifferblatt, Zeiger und Glas noch im Originalzustand? Bei älteren Vintage-Uhren kommt es besonders häufig vor, dass Teile wie das Armband oder das Plexiglas irgendwann einmal ausgetauscht wurden. Hersteller wie Rolex ersetzen im Rahmen einer Wartung, die alle fünf bis sieben Jahre erfolgen sollte, auch beschädigte Teile oder polieren Kratzer aus dem Gehäuse. Für manchen Liebhaber ist dies bereits eine Beeinträchtigung des Originalzustands der Uhr. Sie sollten sich auch darüber im Klaren sein, dass einige Hersteller keine Garantien für Graumarktuhren geben. Jede Marke kann das genaue Herkunftsland einer Uhr zurückverfolgen und so Rückschlüsse auf den Kauf ziehen. So können Marken ziemlich sicher sein, ob Sie Ihre Uhren bei einem autorisierten Händler oder auf dem Graumarkt gekauft haben. Reparaturen sollten jedoch bei Bedarf bezahlt werden können.


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